
Wer hat Angst vor’m bösen Wolf?
Im Moment wohl keiner! Doch wenn er ohne Zaun vor uns stünde? Eigentlich auch nicht, denn der Wolf meidet den Menschen. Und wenn er Tollwut hat? Dann wird es Zeit Angst zu bekommen. Für solche lebensbedrohlichen Situationen hat der menschliche Körper sein altbewährtes und bis heute nicht verändertes Programm. Bereite den Körper auf folgende Szenarien vor, um aus der Situation zu entkommen:
– Abhauen
– Kämpfen, oder
– Tot stellen.
In unserer heutigen Gesellschaft sind solche Situationen Gott sei Dank sehr selten (außer vielleicht im Strassenverkehr oder im Büro).
Trotzdem ist Angst heutzutage ein großes Thema.
Warum?
Wir haben immer VOR etwas Angst. Dies kann sachlich bedingt sein (vorm bösen, tollwütigen Wolf) oder abstrakt (vor Verlust der Arbeitsstelle). Immer ist eine zeitliche Komponente im Spiel: die Zukunft.
Heute haben wir eigentlich nur noch Angst vor abstrakten, bedrohlichen Situationen in der Zukunft. „Ich habe Angst vor Krieg“. Obwohl wir gar nicht wissen können, ob und wann es überhaupt Krieg gibt, sind wir mit unseren Angstgefühlen bereits in der Zukunft.
Die Gegenwart kann gar nicht so richtig beachtet werden. Wir vermiesen uns das normale, annehmbare „Jetzt“ mit dem wildesten Kopfkino, was denn wohl alles Schlimme bald passieren KÖNNTE, für das wir VORbereitet sein sollten (Offtopic: wer sagt uns das: die Medien, die Versicherungen, die Politiker?).
So gelebt, macht die (unnötige) Angst krank. Also erlebt mehr das Jetzt, die Welt dreht und ändert sich so schnell, man kann alle zukünftigen Aggregatzustände sowieso gar nicht erfassen ohne durchzudrehen. Die Welt ist schneller geworden, der Mensch kommt nicht mehr so schnell hinterher. Also lieber jetzt bewusst auf die Gedanken- und Gefühlsbremse treten, zwei Gänge runterschalten, Fenster runterkurbeln und lasst Euch den Moment um die Nase wehen.
Macht es Euch im Augenblick öfter mal bequem, dann nimmt die Angst nicht überhand!
Guckt Euch mal Tiere an, die Leben nur von Moment zu Moment. Wenn sie schlafen, schlafen sie. Wenn sie Hunger haben fressen sie. Wenn sie spielen, spielen sie. Keine Spur von selbstgemachter Zukunftspanik.
Der Mensch ist doch aber den Tieren überlegen, da er Intelligenz besitzt! Das stimmt, damit kann er auch im gewissen Grad die Zukunft erkennen und teilweise modellieren.
Unintelligent ist es allerdings sich die Gegenwart damit zu versauen, sich nur schwarze Gedanken über nicht planbare Zukunftsereignisse zu machen.
Wäre doch doof, wenn Du morgen feststellst, dass Du gestern viel zu viel Wind um ein Thema gemacht hast, welches heute (also morgen) windstill über die Bühne gegangen ist.
Lasse los, genieße immer auch den Augenblick, und generell:
Lächeln hilft. Immer!
Viel Spaß im Jetzt!
Zu dem behandelten Thema noch ein passendes, bissiges Zitat. Ich konnte mir beim ersten Lesen ein Grinsen nicht verkneifen:
„Das Hühnervolk. Sein erstes Merkmal ist die rasche Bereitschaft zur Furchtbarkeit, zur Panik vor allem was auch nur im entferntesten nach Fuchs [Wolf passt thematisch aber eigentlich besser, Anm. d.R.]aussieht. Nur ein Deutscher konnte auf die Idee kommen, den Zustand der Herde, die bis ins Letzte sozial-, kranken-, hausrat-, unfall- und feuerversichert ist, mit dem Begriff ‚Risikogesellschaft‘ zu belegen. Wo wird man älter, wo sind die Verhältnisse stabiler, wo ist der Rettungsdienst schneller zur Stelle, wo sind die Netze dichter gespannt als in der Risikogesellschaft? Die Reste an Ungewißheit werden unerträglicher, je kleiner sie werden. Solange es nicht gelingt, jeden Einzelfall dem statistischen Durchschnitt anzunähern, bleibt ein Element an Gefahr, über welches alle Demonstrationen durchschnittlicher Sicherheit nicht hinweghelfen können.“
Aus: Finis Germania von Rolf Peter Sieferle.
Ja ich habe mir dieses Buch aus Interesse gekauft, weil es mit Allen Mitteln aus den Bestseller-Listen genommen wurde. Während der letzte Teil des Buches wirklich rechtsradikales Gedankengut enthält (was mich nicht davon abhält, es immer noch doof zu finden), bestehen die ersten beiden Teile wirklich aus einer lesenswerten, messerscharfen und bissigen Analyse der unserer deutschen Gesellschaftsentwicklung.